Nach Aktionen gegen die Grüne Woche: Erste Prozesse eingestellt,Protest geht im Gerichtsaal weiter

Anfang des Jahres hatten Aktivist*innen der Kampagne „Grüne Woche demaskieren“ verschiedene Aktionen am Rande und auf dem Gelände der Grünen Woche veranstaltet. Ein halbes Jahr später begannen die ersten Prozesse wegen Hausfriedensbruch, die ersten beiden wurden nun gegen die Auflage von Arbeitsstunden eingestellt. Im letzten Prozess zeigte sich, dass der Protest gegen die Messe, nicht mit den Anklagen endet, sondern im Gerichtssaal weitergeht.

Eines der Großtransparente auf dem Gelände der Grünen Woche 2014 // CC gruene-woche-demaskieren.de

Aktivist*innen hatten Anfang des Jahres neben den legalen Protesten vor dem Messegelände auch weniger legale auf dem Veranstaltungsort der Grünen Woche selbst organisiert. Insgesamt drei Großtransparente hängten die Aktivist*innen unter teils waghalsigen Klettermannövern ausserhalb der Messehallen und eines in der Halle mit dem so genannten Erlebnisbauernhof auf. Der ansässige Sicherheitsdienst schritt bei allen Aktionen teilweise recht rigoros ein und schaffte die Protestierenden mit Hilfe der Polizei fort. Die Messegesellschaft stellte Strafanzeigen wegen Hausfriedensbruchs gegen die Aktivist*innen, die zu Strafbefehlen mit Geldstrafen in jeweils dreistelligen Höhen führten. Die Strafbefehle wurden von den Angeklagten jedoch nicht akzeptiert, weshalb es zu bisher zwei Verhandlungen kam und noch zu mehreren führen wird.

Zwei der Anklagen, die letzte am heutigen Tag, wurden gegen die Auflagen von jeweils neunzig Arbeitsstunden eingestellt. Die Angeklagten zeigten sich zufrieden, die Richter*innen und die Staatsanwaltschaft ebenfalls. Offenbar wollten sie nicht weiter soviel Zeit für Bagatellfälle investieren, denn gerade der letzte Prozess zog sich dank der vielen und teilweise bizarren Anträge von der angeklagten Seite aus, stark in die Länge.

Abschiedsbotschaften an der Saaltür: Prozesse als weiterführender Protest // CC-BY-SA-NC greenythekid

Abschiedsbotschaften an der Saaltür: Prozesse als weiterführender Protest // CC-BY-SA-NC greenythekid

So beantragte die Angeklagte beispielsweise, dass das Gericht in Erfahrung bringen sollte, was mit einer Unterstützerin passiert war, die des Gerichtssaals verwiesen wurde. In dem dazugehörigen Antrag wollte die Angeklagte ausschließen, dass die Unterstützerin in einem „verfließten Verließ oder Kerker“ festgehalten werden könne. Hervorstechen konnte auch das Verhör, mit dem sie den einzig erschienem Zeugen überzog. Präzise wollte sie von diesem die Umstände in Erfahrung bringen, unter denen die Aktivist*innen von dem Sicherheitsdienst angegangen worden war, fragte nach Namen von Kollegen und der Art, wie das Sicherheitsunternehmen Gegenbauer geführt wurde und ob es öfter zu gewalttätigen Übergriffen von Mitarbeiter*innen der Firma kommen würde. Staatsanwaltschaft und Richter versuchten vergeblich, dem ausgiebigen Ausfragen ein Ende zu bereiten.

Der Eindruck verfestigte sich, dass die angeklagte Seite den Prozess als verlängerten Aktionsradius betrachtete. Motto: „Die Grüne Woche ist das Problem, nicht der Protest dagegen“. Demnach seien auch Anklagen wegen Hausfriedensbruch politische Repression, der es entgegenzutreten gilt. Die Verteidigung hatte aus diesem Grund auch kein regulärer Anwalt, sondern ein anderer Politikaktivist als Laienverteidiger übernommen.

Protest gegen den ersten Prozess vor dem Gericht in Moabit // CC-BY-SA-NC greenythekid

Protest gegen den ersten Prozess vor dem Gericht in Moabit // CC-BY-SA-NC greenythekid

So ist es auch nicht verwunderlich, dass bei allen bisherigern Prozessen auch immer circa ein Dutzend Aktivist*innen mit vor Ort war und die jeweils Angeklagten mit Kundgebungen vor dem Gerichtssaal und kleineren Störaktionen während des Prozesses unterstützten. Mal niesten sie provokant, kommentierten die Geschehnisse im Prozess oder warfen sogar Papierflieger mit politischen Botschaften in den Saal.

In nicht einmal einem halben Jahr wird erneut die Grüne Woche in Berlin abgehalten. Die Kampagne „Grüne Woche demaskieren“ hat bereits jetzt schon zu Aktionen aufgerufen und Veranstaltungen angekündigt. Eins ist sicher, Anzeigen wegen Hausfriedensbruch werden die Aktivist*innen von ihrem Vorhaben für eine nachhaltigere und gerechtere Landwirtschaft zu streiten, nicht abbringen.